Aber was ist mit den abstoßenden Kräften?
Die Stärke elektrostatischer Kräfte ist umgekehrt proportional zum Quadrat der Entfernung.
Das heißt, je größer die Entfernung zwischen zwei gleichnamig geladenen Teilchen wird, desto kleiner ist die abstoßende Kraft. Und zwar sinkt sie, wenn man die Entfernung verdoppelt, auf ein Viertel. Verdreifacht man die Entfernung, sinkt die Kraft auf ein Neuntel.
Das gleiche gilt auch für anziehende Kräfte.
Wenn sich nun geladene und ungeladenen Teilchen in geeigneter Weise geometrisch anordnen, überwiegen die anziehenden Kräfte über die abstoßenden. Im Bild sind exemplarisch für ein Ion Linien zu den jeweils nächsten Nachbarionen gezogen: gelb für abstoßende Kräfte, türkis für anziehende Kräfte. Wie man sieht (Satz des Pythagoras!) stehen die Längen für die abstoßende Kräfte zu den Längen für die anziehenden Kräfte im Verhältnis 1 : Wurzel(2).
Da die Quadrate dieser Längen damit im Verhältnis 1 : 2 stehen, sind die abstoßenden Kräfte, die von den 4 jeweils nächsten gleichnamigen Nachbarn ausgeübt werden (gelbe Verbindungslinien), nur halb so groß wie die anziehenden Kräfte der anderen 4 jeweils nächsten Nachbarn mit entgegengesetzter Ladung (hellblaue Verbindungslinien). Für die weiter entfernten Ionen kann man genauso argumentieren. Insgesamt überwiegen bei dieser geometrischen Anordnung also die anziehenden Kräfte.
Das Ganze muss man sich natürlich dreidimensional vorstellen.Für die Ionenbindung typisch ist also, dass es keine Moleküle gibt, und dass die Bindung nicht (etwa wie ein Gummiband) zwischen den Atomen zu lokalisieren ist. Vielmehr wirken die elektrostatischen Kräfte gleichmäßig in alle Richtungen des Raumes, und es entstehen deshalb räumliche Strukturen, die sich prinzipiell in alle Richtungen unbegrenzt fortsetzen.
Diese Überlegungen sind natürlich nicht auf Natriumchlorid beschränkt, sondern gelten für alle Ionen.